Symbolbild. (Bild: Ingo Joseph/Pexels)

Kirche Schweiz

Ausbildung nach anglikanischem Vorbild

Diesen Sommer schliessen die ersten sieben Studierenden am «Reuss-Institut» ab. Dieses bietet eine theologische Ausbildung in einer neuen Form an. Zurzeit wird noch abgeklärt, ob die Ausbildung kirchlich anerkannt werden soll.

Im Januar 2020 nahm der Verein «Institut im Reusshaus» seine Tätigkeit auf. Gründungsmitglieder waren Ruedi Beck (leitender Priester Hofkirche Luzern), Sabine Brändlin (reformierte Pfarrerin), Walter Dürr (Co-Direktor «Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft» Universität Fribourg), Abt Urban Federer und Christian Hennecke (Leiter des Bereichs Sendung im bischöflichen Generalvikariat des Bistums Hildesheim ). Seit März 2022 lautet der Name «Reuss-Institut».

Die Gründungsmitglieder wollten ein theologisches Ausbildungsinstitut gründen, an dem nach denselben Prinzipien Theologie studiert werden kann wie im anglikanischen St. Mellitus College in London. Konkret wird die akademische Theologie mit der Tätigkeit in einer Gemeinde, dem liturgischen Leben am Institut und der eigenen geistlichen Praxis verbunden.

Doch kein neues Berufsbild?
Im Leitbild heisst es unter Punkt 2 «Zweck und Ziele»: Die Absolventinnen und Absolventen werden befähigt, durch den neuen Beruf der Gemeindebildnerin, des Gemeindebildners, vielfältige Formen von Gemeinden zu gründen und in bestehenden Gemeinden Projekte zu entwickeln und Gemeinschaft zu bilden.»

«swiss-cath.ch» wollte wissen, ob der Beruf des «Gemeindebildners» von der Katholischen Kirche in der Schweiz anerkannt ist. Ruedi Beck erklärte, dass sie tatsächlich in den ersten Jahren von einem neuen Beruf des Gemeindebildners gesprochen haben, da im Evaluationsverfahren der Deutschschweizer Ordinarienkonferenz DOK die Frage nach dem Berufsbild gestellt worden sei. Inzwischen hat sich dies geändert: Der Name der Ausbildung heisst nicht mehr Theologie und Gemeindebildung, sondern Ausbildung in Gemeindeentwicklung, Fresh expressions of church und pioneering. «Wir sprechen also nicht mehr von einem neuen Beruf, sondern wozu die Ausbildung befähigt.»

Gemäss der Webseite vermittelt die dreijährige berufsbegleitende Ausbildung Fähigkeiten,

  • in bestehenden Gemeinden das geistliche Leben zu vertiefen und Gemeinschaft zu stärken (Gemeindeentwicklung) und
  • neue christliche Gemeinschaften in- und ausserhalb einer Gemeinde zu gründen (Fresh Expressions of Church und Pioneering).

Fünfjährige Evaluationszeit bis 2026
Von den sieben Absolventen werden alle – bis auf eine Person, die zurzeit für sich diese Frage noch klärt – vollzeitlich oder teilzeitlich beruflich im kirchlichen Dienst stehen. Sie erhalten keine bischöfliche Mission, sondern werden wie z. B. Katecheten ForModula von den Kirchgemeinden angestellt. Gemäss Ruedi Beck sollen unter anderem Anschlussmöglichkeiten an den geplanten «Dualen Studiengang Seelsorge» (siehe Infokasten) geklärt werden.

Wir fragten bei Generalvikar Markus Thürig, Vertreter der DOK im Bildungsrat, nach, ob die Ausbildung am «Reuss-Institut» von der Kirche anerkannt wird. «Die DOK hat dem ‹Reuss-Institut› eine fünfjährige Evaluationszeit bis 2026 gewährt», informierte GV Markus Thürig. Bei unseren weiteren Fragen hielt er sich bedeckt: «Ergebnisse allfälliger Zwischenevaluationen wird die DOK über ihre Medienmitteilungen veröffentlichen.»

Die Absolventinnen und Absolventen der Ausbildung am «Reuss-Institut» sind zurzeit also etwas zwischen «Stuhl und Bank». Es ist möglich, dass die Ausbildung von der Kirche anerkannt wird, doch wie und unter welchen Bedingungen ist noch unklar. Sicher spielt dabei der Faktor der Ökumene eine Rolle, ist doch die Ausbildung am «Reuss-Institut» bewusst ökumenisch gestaltet. Eine weitere Frage, die sich stellt, ist jene nach der Begleitung der Studierenden durch das Bistum. Heute werden Studierende, die im Bistum tätig sein möchten, von Anfang begleitet. So möchte man die Eignung für den kirchlichen Dienst klären – etwas, was gerade auf dem Hintergrund der Missbrauchsfälle sehr wichtig ist. Doch das ist eine Frage, die sich bei der geplanten Einführung des «Dualen Studiengangs Seelsorge» grundsätzlich stellt, da hier verschiedenste Ausbildungen einbezogen werden sollen.

Aktuell arbeiten die Absolventen ohne bischöfliche Missio und somit auch nicht im Auftrag der Bischöfe. Dies ist heikel, sind sie doch für «Gemeindeentwicklung» ausgebildet und dazu, «neue christliche Gemeinschaften in- und ausserhalb einer Gemeinde» zu gründen. Ruedi Beck sieht hier kein Problem: «Kirche ereignet sich auf der Ebene Welt, Bistum und auch Pfarrei. So gibt es auf all diesen Ebenen Sendung (missio). Auf der Ebene Pfarrei haben wir diesbezüglich in den letzten Jahrzehnten viele Erfahrungen gesammelt. Dabei ist zentral, dass die verschiedenen Mitarbeitenden in der Pfarrei gut begleitet und gut ins Team integriert sind.» Die Erfahrung in den letzten drei Jahren zeige, dass dies in den meisten Fällen sehr gut gelungen ist.

Das Team des «Reuss-Instituts» rechnet damit, dass sich künftig mehr freiwillig Tätige bei ihnen ausbilden lassen. Diese werden weiterhin im angestammten Beruf arbeiten und daneben freiwillig oder in sehr kleinen Pensen im Bereich Kirchenentwicklung tätig sein. «Da wir noch ein sehr junges Institut sind, versuchen wir sehr aufmerksam die Entwicklungen zu beobachten und uns entsprechend flexibel zu bewegen“, erklärt Ruedi Beck.
 

Informationen zur Ausbildung respektive Weiterbildung am «Reuss-Institut» finden sich hier

 

Dualer Studiengang Theologie
Neben dem universitären Theologiestudium mit Masterabschluss soll neu ein «Dualer Studiengang Theologie» angeboten werden, der «ForModula», «Studiengang Theologie», die religionspädagogischen Studiengänge am «Religionspädagogischen Institut RPI» und Studien an einer theologischen Fakultät verschiedenartig verbindet und zum bischöflich anerkannten Studienabschluss führt. «Dual», weil in den zwei bis drei abschliessenden Studienjahren die Ausbildung parallel praktisch und theoretisch erfolgt. Die Verantwortlichen rechnen damit, dass dieser neue Studiengang bis Spätsommer 2024 steht und 2025/2026 beginnt.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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