Erzbischof John Martin Henni. (Bild: Catholic Publication Society, Public domain via Wikimedia Commons)

Weltkirche

Ein Schweizer Erzbischof in Amerika

Es hätte bei der Geburt von Johannes Martin Hänni 1805 in Misanenga (Obersaxen) GR wohl niemand gedacht, dass Gott mit diesem Kind so Grosses vorhat. Doch aus dem Schweizerbub sollte ein amerikanischer Erzbischof werden.

Johann Martin Henni (eigentlich Hänni) wurde am 15. Juni 1805 als Sohn von Johann Georg und Maria Ursula Hänni in Misanenga (Obersaxen) geboren. Er besuchte das Gymnasium in St. Gallen, danach das Lyzeum in Luzern. Er entschied sich, Priester zu werden und studierte Philosophie und Theologie an der «Sapienza» in Rom. Auf Einladung von Edward Fenwick, dem Bischof von Cincinnati, wanderte Henni unmittelbar nach seinem Abschluss 1828 nach Amerika aus. Er vollendete seine Studien im Priesterseminar von Bardstown, wo er am 2. Februar 1829 zum Priester geweiht wurde.

«Apostel der Deutschen»
Nachdem er für eine kurze Zeit am Kleinen Seminar Philosophie unterrichtet hatte, betreute er als «wandernder Missionar» per Pferd die überall verstreut lebenden Katholiken in Ohio und kümmerte sich vor allem um die deutschsprachigen Gläubigen. Er wurde deshalb auch «Apostel der Deutschen» genannt.

1834 wurde er Generalvikar und zugleich Pfarrer der deutschsprachigen Gläubigen in Cincinnati. Er war sich der feindseligen Haltung gegenüber Migranten bewusst und versuchte deshalb, die deutschsprachigen Einwanderer möglichst schnell zu integrieren. Er organisierte dafür Englischunterricht für Erwachsene und plante ein zweisprachiges Seminar zur Ausbildung eines einheimischen Klerus. Noch bevor der Staat Ohio 1838 zweisprachige Schulen einführte, hatte Henni diese in Cincinnati bereits eingeführt. Ihm war bewusst, dass der Mangel an zweisprachigen Lehrern es ihnen erlaubte, ein Gehalt zu verlangen, das die meisten Orte nicht zahlen konnten. Ihm gelang es, einen Kompromiss zu erzielen, der es jedem Schulbezirk erlaubte, seine öffentlichen Schulen entweder auf Englisch oder auf Deutsch oder auf beiden Sprachen zu führen.

Henni schrieb einen Kinder-Katechismus in deutscher Sprache für Kinder, gründete eine Bibliothek und setzte sich für eine bessere Kirchenmusik ein.

Einer seiner grössten Verdienste war die Gründung der ersten deutschen Wochenzeitung «Der Wahrheitsfreund» im Jahr 1837. In dieser setzte er sich gegen Sklaverei, Prohibition und Autokratie ein. Er leistete damit einen bedeutenden Beitrag zur deutschen Literatur in den USA. Als er 1835 nach Europa geschickt worden war, um finanzielle Unterstützung für die Diözese zu sichern, hatte er dort das Buch «Ein Blick in's Thal des Ohio» (München 1836) veröffentlicht, in dem er die Geschichte der katholischen Kirche in den USA darstellte.

Im November 1843 wurde Henni zum Bischof des neu geschaffenen Bistums Milwaukee ernannt und empfing am 19. März 1844 in Cincinnati durch den Bischof von Cincinnati, John Baptist Purcell, die Bischofsweihe.

Ein Förderer der Bildung
Henni arbeitete unermüdlich am Aufbau der neuen Diözese und entfaltete dabei ungemein segensreiche organisatorische und seelsorgerliche Tätigkeiten: Er gründete viele neue Pfarreien, katholische Krankenhäuser und katholische Waisenhäuser. Ihm war es ein besonderes Anliegen, Orden in seine Diözese zu holen, vor allem solche, die im Schulwesen tätig waren wie z. B. die «Schulschwestern von Notre Dame» oder «die Schulschwestern vom Heiligen Franziskus», aber auch die Jesuiten und die Kapuziner. Bischof Henni setzte sich für Pfarrschulen ein. Gemeinsame Schulprojekte mit dem Staat lehnte er ab. Er war der Ansicht, dass alle Versuche, die gegensätzlichen Ansichten von religiöser und weltlicher Bildung durch den Verzicht auf den Katechismus und die ausschliessliche Verwendung der englischen Sprache zu harmonisieren, zu einer Art Mischreligion führten, die bald zum Heidentum verkommen würde. Ein System kirchlicher Schulen, das sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Pfarrei orientierte, erschien ihm weitaus besser, auch wenn es bedeutete, ein duales Schulsystem zu unterstützen.

1845 gründete er am Bischofssitz das Priesterseminar «Saint Francis».[1] Dieses war auch für andere Diözesen wichtig. Bischof Henni schrieb, dass das Leben und die Entwicklung der Kirche in dieser Region vom Seminar abhingen. Im Seminarjahr 1868/69 wurden 36 Absolventen für 12 Diözesen geweiht. Das Hauptgebäude des Priesterseminars wurde 1956 in Erinnerung an Bischof Henni in «Henni Hall» umbenannt.

Bischof Henni war auch einer der Mitgründer der katholischen, von Jesuiten geführten «Marquette-Universität», die zwei Tage vor seinem Tod eröffnet werden konnte.
 


Die Diözese Milwaukee wuchs sehr schnell, dies vor allem auch durch die vielen Migranten aus Europa (Stichwort: Revolutionsjahre 1848/49). Neben vielen deutschsprachigen Einwandern kamen auch zahlreiche Iren. Dazu schrieb der Geschichtsprofessor Steven Avella in seinem Buch «The Immigrant Church»: «Jede ethnische Gruppe von Katholiken, die in die Diözese eintrat, forderte und erhielt ihren eigenen Gottesdienst, bei dem das Evangelium in ihrer Muttersprache gepredigt werden konnte, ihre charakteristische Frömmigkeit in Kunst und Gebet gefeiert werden konnte und ihre Beichte von Priestern gehört werden konnte, die ihre Probleme verstanden.»
Bischof Henni setzte sich aber weiterhin besonders für die deutschsprachigen Gläubigen ein und unterhielt enge Verbindung mit dem «Ludwigsmissionsverein» in München, der ihn in der Deutschenseelsorge finanziell unterstützte.

Bischof Henni nahm auch am Ersten Vatikanischen Konzil teil. Obwohl er gegen die Aufnahme der päpstlichen Unfehlbarkeit in die konziliare Agenda des Ersten Vatikanischen Konzils war, stimmte er schliesslich für deren Definition.

Wegen des schnellen Wachstums seiner Diözese ersuchte er 1868 Papst Pius IX., zwei Bistümer – Green Bay und La Crosse – von der Diözese Milwaukee abzutrennen, was 1868 dann auch geschah. 1875 errichtete der Papst die Kirchenprovinz Milwaukee, erhob die Diözese zum Erzbistum und ernannte Johann Martin Henni zu deren ersten Erzbischof.

1878 löste Erzbischof Henni eine Kontroverse aus, als er beantragte, den deutschstämmigen Bischof von La Crosse, Michael Heiss, zu seinem Nachfolgekoadjutor zu ernennen. Englischsprachige Katholiken protestierten, aber Hennis Bitte wurde schliesslich entsprochen.

Erzbischof John Martin Henni starb am 7. September 1881 in Milwaukee. Sein Grab befindet sich in der von ihm gebauten Kathedrale St. John the Evangelist in Milwaukee.

Exkurs
Auch der vierte Erzbischof von Milwaukee war ein Schweizer: Sebastian Gebhard Messmer.

Sebastian Gebhard Messmer wurde am 27. August 1847 in Goldach SG geboren. Nach seiner Priesterweihe in Innsbruck wanderte er in die USA aus und wurde in der Diözese Newark inkardiniert. Er promovierte 1890 in Rom in Kirchenrecht und hatte danach einen Lehrauftrag an der Katholischen Universität in Washington D.C. Im Jahr 1892 wurde er zum Bischof von «Green Bay» ernannt. Die Weihe empfing er übrigens von einem anderen Schweizer: Johann Joseph Friedrich Otto Zardetti, gebürtig aus Rorschach SG, der zu diesem Zeitpunkt Bischof von Saint Cloud war. Nach dem Tod von Erzbischof Katzer folgte Messmer diesem als Erzbischof von Milwaukee nach. Während seiner Amtszeit hatte Erzbischof Messmer schwere Auseinandersetzungen um nationalkirchliche Bestrebungen einzelner Einwanderergruppen, insbesondere der zahlreich zuziehenden Polen, zu bewältigen. Er galt als Förderer der Mitarbeit von Frauen in seiner Erzdiözese. Wie Erzbischof Henni legte er ein besonderes Augenmerk auf die Bildung und sorgte durch die Übersetzung und Herausgabe einer grossen Zahl von Büchern und Artikeln für einen Aufschwung des katholischen Schrifttums. Erzbischof Messmer starb am 4. August 1930 in seinem Geburtsort Goldach.
 

Quellen
https://www.encyclopedia.com/religion/encyclopedias-almanacs-transcripts-and-maps/henni-john-martin

https://www.archmil.org/Bishops/Former-Archbishops/Henni.htm
 


[1] Dieses wurde zehn Jahre später an einen Standort ausserhalb von Milwaukee versetzt.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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    Martin Meier-Schnüriger 21.07.2024 um 14:15
    Sehr interessanter Artikel! Weiss man auch etwas darüber, wie sich Bischof Henni gegenüber den Südstaaten im Bürgerkrieg und gegenüber den amerikanischen Ureinwohnern, den so genannten Indianern, verhielt? Hatte er Beziehungen zum hl. Johannes Nepomuk Neumann, der ebenfalls die deutschsprachigen Einwanderer betreute, und/oder zu P. Martin Marty OSB aus Einsiedeln, der segensreich in der Mission der Lakota ("Sioux") wirkte?
    • user
      Redaktion 21.07.2024 um 15:03

      Leider habe ich keine Angaben zur Haltung von Bischof Hennni im Bürgerkrieg gefunden.


      Es wird erwähnt, dass Bischof Henni eine erfolgreiche Missionsarbeit unter den "Native" wirkte.


      Da sowohl der heilige Johannes Nepomuk Neumann als auch P. Martin Marty doch ziemlich entfernt von Bischof Henni wirkten (Pennsylvania resp. Indiana/Dakota), gehe ich davon aus, dass keine persönlichen Beziehungen bestanden. Zumindest habe ich darüber nichts gefunden.


      Es ist spannend, wie viele Schweizer Priester in den USA tätig waren.