Maria und Max Ammann. (Bilder: © Max Ammann)

Weltkirche

Eucha­ris­tie ist das neue Lied für die Welt

Vom 8. bis am 15. Sep­tem­ber fand in Quito, Ecua­dor, der 53. Eucha­ris­ti­sche Welt­kon­gress statt. Der Kon­gress wurde trotz der schwie­ri­gen Situa­tion im Land zum Erfolg und ent­fachte bei den Teil­neh­men­den ein neues eucha­ris­ti­sches Feuer. Die Eucha­ris­tie und der gelebte Glaube stan­den im Zen­trum des Kongresses.

Als Mons. Alfredo Espinoza, Erzbischof von Quito, am 15. September nach der grossen Abschlussmesse ans Mikrophon trat, war in seiner Stimme sowohl Stolz als auch Erleichterung zu hören: «Ich wusste damals [als der Eucharistische Weltkongress 2024 an Quito vergeben wurde] nicht, auf was wir uns einlassen. Heute weiss ich, auf was wir uns eingelassen haben. Heute können wir mit viel Freude der Weltkirche, der Ecuadorianischen Bischofskonferenz, dem Heiligen Vater, dem ecuadorianischen Volk und der Stadt Quito sagen: ‹Auftrag erfüllt›».
Die Organisation und Durchführung des Eucharistischen Weltkongresses waren für die Erzdiözese Quito eine Herkulesaufgabe. Die äusserst schwierige Sicherheitslage und die anhaltende wirtschaftliche Stagnation verlangten den Organisatoren einiges ab. Ecuador wird seit mehreren Jahren von einer aus Kolumbien eindringenden Banden- und Drogenkriminalität heimgesucht. Noch im Frühjahr musste nach Gefängnisrevolten, politischen Morden und einer offenen Herausforderung der Staatsmacht der Ausnahmezustand ausgerufen werden. Die Lage hat sich seither ein wenig beruhigt, aber Raubüberfälle und Schiessereien stehen in weiten Teilen des Landes nach wie vor auf der Tagesordnung. Entsprechend wurde auch während dem Kongress auf genügend Sicherheitspersonal geachtet.

Während einer Woche war die Weltkirche in der Andenhauptstadt präsent. Delegationen aus allen Kontinenten waren angereist, um gemeinsam über die Eucharistie nachzudenken und sie zu feiern. Naturgemäss kam ein Grossteil der Teilnehmenden aus dem lateinamerikanischen Raum. Die gleichzeitig stattfindende Papstreise in Asien dürfte zudem die asiatische Beteiligung leicht geschmälert haben. Die europäischen Kirchen waren leider schwach vertreten. Die kritische Berichterstattung über die Sicherheitslage in Ecuador just während der Dauer der Anmeldefrist dürfte einige interessierte Gläubige abgeschreckt haben. Aus dem deutschsprachigen Raum waren gerade einmal fünf Teilnehmende da: Drei Schweizer, ein Österreicher und ein Deutscher. Vertreten waren alle kirchlichen Stände – vom Kardinal über Ordensleute bis zum einfachen Gläubigen. Die Beteiligung von Klerikern und Ordensleuten war jedoch besonders stark. Dies zeigte sich auch bei den Hauptvorträgen, für die nur wenig Laien als Referenten eingeladen worden waren.
 


Eine Eröffnungsfeier für die ganze Stadt
Eröffnet wurde der Kongress mit einer feierlichen Eucharistiefeier am Sonntag, 8. September, auf dem alten Flughafengelände von Quito. Das Gelände war weiträumig für den Verkehr gesperrt und eine ganze Armee von freiwilligen Helfern in blauen Uniformen begrüssten die ankommenden Kongressteilnehmer mit offensichtlicher Freude. Die Sonne brannte in ortstypischer Manier auf die Gläubigen herunter, aber die Gastgeber waren vorbereitet und verteilten frühzeitig weisse Sonnenschirme. Der Erzbischof hatte auf dem Gebiet der ganzen Diözese jedwede Messe vor 16.00 Uhr verboten, um die einheimischen Gläubigen zur Teilnahme an der Eröffnungsmesse zu bewegen. Weiter waren rund 1600 Kinder eingeladen worden, ihre Erstkommunion anlässlich des Eucharistischen Weltkongresses zu empfangen. Die in Weiss gekleideten Kinder reisten mit ihren Familien an und waren das zentrale Thema der erzbischöflichen Predigt. Sie würden nun zu «eucharistischen Missionaren». Sie seien berufen, die in Christus gefundene «Geschwisterlichkeit aufzubauen, angefangen in ihren eigenen Familien». «Heute feiern wir, dass Jesus, euer und jedermanns bester Freund, im Brot des Lebens gegenwärtig ist. Öffnet eure Herzen, liebe Kinder, um ihn mit Freude zu empfangen, und möge die Begegnung mit ihm in der Eucharistie, die ihr jetzt zum ersten Mal empfangt, dazu führen, dass ihr wisst, wie man teilt, träumt, liebt, vertraut und andere ehrt».

Vielfältige Vorträge von Theologen und Laien
Der diesjährige Kongress stellte einen praktischen, pastoralen Aspekt der Eucharistie ins Zentrum. Das Geschenk der Eucharistie ist nicht nur als individuelle Frömmigkeitsübung für Christen gedacht, sondern beinhaltet stets auch den Auftrag, aus der Eucharistie zu leben, sich durch sie verwandeln zu lassen, christusförmiger zu werden und entsprechend zu handeln. Ein Beispiel hierfür war der Vortrag des Bischofs von Olihuela-Alicante (Spanien), Mons. José Ignacio Munilla. Er ist in der katholischen spanischsprachigen Welt aufgrund seines digitalen Apostolats berühmt. Bischof Munilla veröffentlicht täglich Auslegungen des Evangeliums, Katechesen und Einschätzungen zu tagespolitischen Fragestellungen. Am Kongress sprach er über den Zusammenhang zwischen der Herz-Jesu-Verehrung und der Eucharistie: «Aus dem Herzen Jesu fliesst die Eucharistie und die Kommunion verwandelt unser Herz aus Stein in ein Herz, das dem des Herrn gleicht.» Dieses verwandelte Herz sendet die Christen aus in ihr eigenes Leben und befähigt sie zu einem neuen Lebensstil, allen Menschen in Geschwisterlichkeit zu begegnen. Aber nicht nur die Eucharistie, sondern das ganze Evangelium, sei eine «Schule der Liebe», gab Bischof Munilla den Zuhörern prägnant mit. Es gehe darum, durch ein gereinigtes Herz die Ketten der eigenen Lieblosigkeit zu lösen und unserem Nächsten in Demut und Liebe begegnen zu können.
 


Doch nicht alle Vorträge waren so stark theologisch geprägt wie der von Mons. Munilla oder auch jenem von Mons. Cozzens, der berührend über die Fruchtbarkeit des Leidens sprach, wenn man es mit dem Opfer Christi verbinde.
Der erste Vortrag überhaupt wurde vom katholischen Regisseur Juan Manuel Cotelo gehalten (Das grösste Geschenk, 2018; Mary’s Land, 2013). Er vermittelte mit dem Charme eines erfahrenen Darstellers die Botschaft, dass es im Letzten immer nur auf Christus ankomme. Natürlich könne man mehr Medienberater einstellen, um in der Öffentlichkeit besser dazustehen; natürlich könne man unternehmerische Typen fördern, um kreative Projekte zu lancieren; natürlich könne man die Berufungspastoral stärken, um wieder mehr Priesterberufungen zu erhalten – aber all das seien im Letzten nur menschliche Pläne. Der Plan Gottes sei Leben, Leiden und Sterben Christi und das sei die wichtigste und ausreichende Grundlage all unserer Hoffnung.

Der katholische Musiker und Katechet Pablo Martinez sprach über den Zusammenhang von Musik und Glauben. Wir lebten in einer Zeit, in der immer mehr Musik gehört werde, aber allein. Ein Symbol für unsere Zeit seien Kopfhörer mit Geräuschunterdrückungsfunktion. Die Menschen von heute distanzierten sich von der Umwelt und zögen sich in sich selbst zurück – Musikhören würde so zu einem individuellen, selbstzentrierten Vorgang. Eigentlich sei Musik aber auf Gemeinschaft angelegt. Man müsse Lieder gemeinsam singen, damit sie eine wirkliche Bedeutung erhielten. Auch sei es vielsagend, was für Musik heute gehört werde. Das präge die Gesellschaft. Im Gegenzug plädierte Pablo Martinez für eine Kirche, die singt. «Die Eucharistie ist das neue Lied, das die Welt hören muss. Die Menschen suchen nach einem Lied, auch wenn sie es nicht kennen, und die Eucharistie ist dieses neue Lied.» Eine singende Kirche sei anziehend für aussenstehende und bestärkend für alle, die in den Gesang einstimmen: «Wenn die Kirche singt, erinnert sie an das, was Gott mit ihr getan hat, tut und tun wird.»

Die Eucharistie steht auch im Zentrum des Rahmenprogramms
Doch am Kongress wurde nicht nur über die Eucharistie gesprochen, sondern sie wurde auch gefeiert. Täglich fanden sich die Teilnehmer zur Eucharistiefeier ein. Diese wurde jeweils von einem der zahlreichen Bischöfe präsidiert und von einem Chor begleitet. Am letzten inhaltlichen Kongresstag stand der Messe der Erzbischof von Sidney, Mons. Anthony Fisher, vor. Dies wohl nicht zufällig, denn 2028 wird der nächste Eucharistische Weltkongress in Sidney, Australien, stattfinden. Er eroberte die Herzen der Teilnehmer mit einer tiefgründigen, aber zugleich humorvollen Predigt, welche die Geschichte des «Filet-o-Fish»-Burgers bei McDonald’s miteinschloss – offenbar eine Erfindung, um die Katholiken auch an Freitagen und während der Fastenzeit anzulocken. Die circa 80 anwesenden Bischöfe waren während der ganzen Woche auch in den Pfarreien in und um Quito im Einsatz. Dort wurden sie regelmässig feierlich aufgenommen und viele von ihnen berichteten später tief berührt vom freundlichen Empfang, gerade in den ärmeren Pfarreien der Erzdiözese. Auf diese Weise war die Weltkirche tatsächlich in ganz Quito zu Gast.
 


Neben der Liturgie wurde an jedem Kongresstag auch das Allerheiligste in einer eigens dafür eingerichteten Kapelle ausgesetzt. Die eucharistische Anbetung war so beliebt, dass nach den ersten zwei Tagen ein grösserer Raum zur Kapelle umgestaltet werden musste. Dieser Umstand war für Bertram Wick, ein Schweizer der sein ganzes priesterliches Leben in Ecuador verbrachte und seit einigen Jahren als Bischof der Diözese Santo Domingo de los Tsáchilas amtet, der bedeutsamste des Kongresses überhaupt: «Die tiefe Erfahrung, welche die Teilnehmenden bei der eucharistischen Anbetung gemacht haben, werden sie in ihre Heimatpfarreien mitnehmen können. Das ist das Wichtigste.»
Das eucharistische Feuer bei den Gläubigen in Ecuador zeigte sich auch bei der grossen Prozession durch das historische Zentrum von Quito. Tausende von Gläubigen waren gekommen und begleiteten das Allerheiligste mit Kerzen, Gesang und Gebet bis zum «Voto Nacional». Dabei handelt es sich um eine imposante neugotische Basilika, die vor 150 Jahren zum Gedenken an die Weihe Ecuadors an das Heiligste Herz Jesu erbaut worden ist. Nach der Prozession und dem feierlichen Segen strömten zahlreiche Gläubige in die Basilika, um vor dem Allerheiligsten zu beten und zu singen.

Doch das Rahmenprogramm beschränkte sich nicht auf liturgische Angebote. An einem Abend wurde der Film «Das grösste Geschenk» des bereits erwähnten Juan Manuel Cotelo vorgeführt. Er beschäftigt sich mit wahren Zeugnissen der Versöhnung von einzelnen Menschen, Familien und Gemeinschaften, wobei der christliche Glaube als versöhnungsstiftende Kraft gezeigt wird. An einem anderen Abend organisierte die lokale Jugendpastoral einen aufregenden Konzertabend mit dem ebenfalls bereits erwähnten Pablo Martinez und weiteren katholischen Musikern aus Lateinamerika.

Eine Stärkung des eucharistischen Glaubens
Das Ziel der Eucharistischen Weltkongresse, «durch Feier, Anbetung und Katechese Jesus Christus im Geheimnis der Eucharistie besser kennen und lieben zu lernen», hat der Kongress in Quito erreicht. Die Teilnehmer hörten sich die Vorträge diszipliniert und engagiert an. Es wurde regelmässig spontan applaudiert, gelacht und viel mitgeschrieben. Die Heiligen Messen wurden mit Andacht gefeiert und die Anbetungskapelle war nie leer. Ganz im Sinne der inhaltlichen Stossrichtung des Kongresses herrschte eine familiäre Stimmung, insbesondere auch während der Pausen. Es wurde ausgetauscht, über Vorträge diskutiert und es wurden viele Fotos gemacht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gingen mit einem gestärkten eucharistischen Glauben nach Hause und mit der klaren Botschaft, dass die Eucharistie nicht nur eine innerliche Sache ist, sondern sich auch in ihrem konkreten Leben widerspiegeln muss. So kann die Eucharistie eine Geschwisterlichkeit begründen, die es mit Gottes Hilfe vermag, die Wunden der Welt zu heilen.
 

Verschiedene Informationen zum Kongress sind auf der Webseite des Kongresses www.iec2024.ec zu finden. Die Vorträge wurden aufgenommen und sind auf dem YouTube-Kanal des Kongresses (https://www.youtube.com/@IEC2024Quito) oder auf dem Kanal von Radio Maria Ecuador abrufbar (https://www.youtube.com/@radiomariaec). Leider sind die Vorträge nur auf Spanisch oder Englisch verfügbar. Die Schweizer Delegierten waren medial stark präsent – ein Medienspiegel findet sich unter: www.eucharistia.ch.


Max Ammann

MLaw utr. iur. & BTheol. Max Ammann studiert gegenwärtig Theologie mit Spezialisierung in Kirchengeschichte an der Universität Freiburg i. Ü. Als Jurist setzt er sich vor allem mit Fragen des Staats- und Religionsverfassungsrechts auseinander.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Monika 28.09.2024 um 08:07
    Herzlichen Dank für Ihren wunderbaren Bericht! Aber bitte, übernehmen Sie doch nicht die neue Redeweise der woken Genderwelt! Es heisst "Teilnehmer" und nicht "Teilnehmenden"! Herzlichen Dank! Vergelts Gott!
  • user
    Daniel Ric 23.09.2024 um 11:12
    Vielen Dank für diesen schönen Artikel. Der Katholik lebt aus der Eucharistie. Es ist wichtig, diese Kernbotschaft immer wieder zu betonen.