«Denkt an mich – aber erst an dritter Stelle»
Henri Planchat wurde 1823 in La Roche-sur-Yon in einer tief christlichen Familie geboren. Er offenbarte früh ein «lebhaftes und bewegtes Temperament, einen hartnäckigen bis eigensinnigen Charakter, aber auch ein goldenes Herz, das von Liebe zu Gott, den Seinen und den Armen überströmte». Nach seinem Theologiestudium trat er bei den «Religieux de Saint Vincent de Paul» ein, da er sich dem Dienst an den Ärmsten widmen wollte. Zunächst arbeitete mit grossem pastoralen Erfolg im Stadtteil Grenelle, danach in einem Waisenhaus in Arras. 1863 kehrte er nach Paris zurück, in eines der bevölkerungsreichsten Viertel der Hauptstadt, den Stadtteil Charonne. Unermüdlich setzte er sich für die Ärmsten ein, besuchte Kranke, tröstete Unglückliche und half auch mit materiellen Gütern. Als der Krieg ausbrach, betätigte er sich zusätzlich als Notfallseelsorger und nahm während der Belagerung von Paris viele verwundete Soldaten auf.
In diesem armen Viertel fand der Aufstand gegen die etablierte Macht einen günstigen Nährboden. Am 28. März 1871 wurde die Pariser Kommune ausgerufen und am Gründonnerstag, dem 6. April, Pater Henri Planchat unter dem Vorwand, er verstecke Waffen, verhaftet. Aus dem Gefängnis schrieb er an seine Pfarreimitglieder:
«Was ich von euch verlange, meine lieben Freunde, ist, dass ihr in dem Moment an mich denkt, wenn ihr, nachdem ihr den lieben Gott empfangen habt, an eurem Platz knien werdet, um ihn anzubeten. Ich bitte euch nicht, in diesem Moment an mich zu denken, nicht einmal als Zweites, sondern als Drittes. […] Ihr werdet daher an erster Stelle um das Glück bitten, in den Himmel zu kommen, für euch selbst; dann werdet ihr es für eure Eltern erbitten; dann, an dritter Stelle, für mich […].»1
Die vier «Picpuciens»
Am Mittwoch der Karwoche, dem 12. April 1871, verschaffte sich eine Gruppe von Nationalgardisten Einlass in das Haus der «Kongregation der Heiligsten Herzen Jesu und Mariens» (auch «Picpuciens» oder Arnsteiner-Patres genannt). Der Prior, Ladislas Radigue, kam dazu, als sie seine Zelle durchsuchten und jeden noch so kleinen Papierfetzen lasen. «Er fragte: «Was sucht ihr da drin? Wir machen keine Politik.» «Wir fürchten nicht eure Politik», antworteten die Nationalgardisten, «sondern, dass ihr die Messe lest und Skapuliere tragt. Wir wollen diesen Aberglauben nicht mehr.» Die im Haus verbliebene Gemeinschaft wurde verhaftet und am 26. Mai 1871 aus Glaubenshass ermordet. Wer waren die vier Märtyrer?2
Ladislas Radigue wurde 1823 als zweites von sechs Kindern eines normannischen Landwirtepaares geboren. Er studierte am Kolleg der «Kongregation der Heiligsten Herzen Jesu und Mariens» und trat danach in diesen Orden ein.
Er war viele Jahre in der Ausbildung der Novizen tätig und wurde 1863 zum Novizenmeister ernannt. Pater Ladislas war nicht nur ein ausgezeichneter spiritueller Leiter und guter Pädagoge, sondern auch ein grosser Friedensstifter. Im Jahr 1870 wurde er Prior des Mutterhauses. Pater Radigue war umsichtig genug, seine Mitbrüder aus Paris wegzuschicken, als die Revolte der Kommune begann, er selbst blieb aber mit einigen Verantwortlichen der Gemeinschaft dort. Nach Ausschreitungen der Kommunarden im benachbarten Nonnenkloster wurden die «Picpuciens» am 12. April 1871 festgenommen. Im Gefängnis blieb Pater Radigue bis zum Schluss um das Wohl der ihm anvertrauten Seelen bemüht.
«Ich habe erfahren, wie gütig der Herr ist und welchen Beistand er denen gibt, die er um der Herrlichkeit seines Namens willen prüft. Ich habe sogar, nachdem ich es gekostet habe, ein wenig das «Trotz all unserer Not bin ich von Trost erfüllt und ströme über von Freude» (2 Kor 7,4) des heiligen Paulus verstanden. Ist es nicht wahr, mein Vater, dass wir in den Augen des Glaubens nicht zu bedauern sind? Für mich ist es eine grosse Ehre, für die Religion Jesu Christi zu leiden. Ich betrachte mich keineswegs als politischen Gefangenen. Ich will keine andere Politik haben als die meines Erlösers Jesus» (Brief an den Pater Superior der «Picpuciens» am 3. Mai 1871).
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