Die Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg. (Bild: Lawrence OP/flickr, CC BY-NC-ND 2.0 Deed)

Kirche Schweiz

Frei­bur­ger Kathe­drale: Ein Wahr­zei­chen des Glau­bens fei­ert sein 100-​jähriges Jubiläum

Mit der päpst­li­chen Bulle «Sol­li­citudo omnium eccle­si­arum» vom 17. Okto­ber 1924 wurde die Stifts­kir­che St. Niko­laus in Fri­bourg zur Kathe­drale erho­ben. Das runde Jubi­läum der Kathe­drale wird mit einem reich­hal­ti­gen Pro­gramm gefei­ert, das Geschichte, Glau­ben und Kul­tur mit­ein­an­der verbindet.

Der Ursprung der Kirche St. Nikolaus geht auf die Gründung der Stadt zurück (üblicherweise auf das Jahr 1157 datiert). Über diese erste Kirche ist nichts bekannt. Der Bau des heutigen Kirchengebäudes begann im Jahr 1283 und wurde 1490 vollendet, erstreckte sich also über 200 Jahre.

Die Pfarrkirche St. Nikolaus wurde 1512 von Papst Julius II. zur Stiftskirche erhoben, eine Entscheidung, die sein Nachfolger Leo X. bestätigte. Die Rivalität mit dem mächtigen Nachbarn Bern erhöhte die Motivation der Freiburger Behörden, diese Aufwertung zu unterstützen; so argumentierte z. B. der Humanist und Schultheiss Peter Falck (1468–1519) gegenüber dem Pontifex mit der Höhe des Turms (76 Meter).
Auf europäischer Ebene erfolgte dieser Aufstieg vor dem Hintergrund der Italienischen Kriege, in denen Rom über den Bischof von Sitten und Kardinal Matthieu Schiner aktiv die militärische Unterstützung der Schweizer Kantone suchte.

Das neu gegründete Chorherrenstift spielte zur Zeit der Reformation eine wichtige Rolle beim Aufbau des zukunftsweisenden, weit über die Konfessionsgrenzen ausstrahlenden Bildungssystems und der Ansiedlung der Jesuiten unter der Führung von Petrus Canisius, dessen Tatkraft die Weiterexistenz der Katholischen Kirche in der Saanestadt sicherte und ihr zu neuer Blüte verhalf.

Der Bischof von Lausanne – zu dessen Bistum Fribourg gehörte – befand sich seit 1536 im Exil und verweilte in Savoyen, Frankreich oder Solothurn. Im Jahr 1614 wurde ein Abkommen zwischen Rom und den Freiburger Behörden unterzeichnet; dieses ermöglichte die Einsetzung eines Bischofs in Freiburg, jedoch verfügte dieser über keine Kathedrale. Ab 1663 residierte der Bischof endgültig in Freiburg, doch erst 1814 konnte der Bischof eine Residenz in der Lausannegasse erwerben. Nach dem Beitritt Genfs zur Eidgenossenschaft (1815) dehnte sich die Jurisdiktion des Bischofs auch auf diesen Kanton aus und so wurde das Bistum Lausanne zum Bistum Lausanne und Genf (1819). Territorial- und Rechtsstreitigkeiten vergifteten lange Zeit die Beziehungen des Bischofs zur Stadtregierung sowie zum Kanton und zum Chorherrenstift. Später war auch die mangelnde Unterstützung anderer Diözesankantone ein Thema.
 


Mit der päpstlichen Bulle «Sollicitudo omnium ecclesiarum» vom 17. Oktober 1924 wurde die Stiftskirche St. Nikolaus schliesslich zur Kathedrale erhoben. Fribourg wird zum Sitz des Bistums und Bischof Marius Besson (1876–1945) zum ersten, der den Titel «Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg» trägt. Die Pfarrei blieb bestehen, aber das Stiftskapitel wurde zum Domkapitel. Die Chorherren verloren einen Teil ihrer Unabhängigkeit und sind nunmehr der Gerichtsbarkeit des Bischofs unterstellt.

Ein vielfältiges Programm
Das Jubiläum beginnt am 27. und 28. April mit einem Programm rund um den heiligen Petrus Canisius, der in Freiburg eine wichtige Rolle in der Zeit der Gegenreformation spielte: Der Nachbarkanton Bern hatte 1528 die Reformation angenommen, es war deshalb wichtig, sich gegen die aggressive Expansionspolitik des protestantischen Bern zur Wehr zu setzen. (1536 hatte Bern die Waadt erobert und zwangsreformiert.) Es war wesentlich das Verdienst des Jesuiten Petrus Canisius, mit der Gründung des Kollegiums Saint Michel das Fundament für eine nachhaltige und überaus fruchtbare Erneuerung des katholischen Glaubens gelegt zu haben. Stichwort «Kollegium Saint Michel»: Es war über Jahrhunderte bis in die jüngste Zeit die Pflanzstätte der katholischen Elite. So illustre Persönlichkeiten wie der Bestsellerautor Erich von Däniken, der Restaurantbesitzer Rudolf Bindella sowie der Journalist und Schriftsteller Peter Scholl-Latour gehörten zu seinen Absolventen.
Während der «Canisius-Tage» wird mit einem Vortrag, einem Theaterstück und einem Konzert dieses wichtigen Heiligen gedacht. Im Sonntagsgottesdienst vom 28. April ist die «Messe du Père Canisius» von Abbé Bovet zu hören, von 1923 bis 1949 Kapellmeister der Kathedrale und Komponist des berühmten Chansons «Le Vieux chalet» (La-haut sur la montagne était un vieux chalet).

Von Mai bis August öffnet die Kathedrale ihre Türen für die Kultur: Das Programm reicht von einem Tanzfest (4. Mai) über Lesungen aus Victor Hugos «Notre-Dame de Paris» (29./30. Juni) und einem «Internationalen Festival geistlicher Musik» (7. Juli) bis zu Orgelkonzerten.

An vier Tagen (8. Juni 2024, 12. Oktober 2024, 1. Februar 2025, 12. April 2025) enthüllt die Kathedrale ihre Geheimnisse im Rahmen aussergewöhnlicher Führungen. Am 9. November 2024 findet ein Tag für deutschsprachige Besucher statt.

Am 11. Oktober 2024 veranstaltet die Universität Freiburg einen Studientag, um die Herausforderungen und Konsequenzen des Kathedralstatus der Stiftskirche St. Nikolaus in Freiburg zu verstehen. Alle sechs Vorträge sind öffentlich zugänglich.
 

Die meisten Angebote des reichhaltigen Programms sind kostenlos. Alle Infos unter www.100cath.ch

 


Redaktion


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  • user
    Meier Pirmin 17.04.2024 um 13:26
    Was heisst da hundertjähriges Jubiläum`? Die Freiburger Stiftskirche war schon viele Jahre zuvor die faktische Bischofskirche des wegen der Reformation nicht mehr praktikablen Bischofssitzes Lausanne, das auch tief bis in den heutigen Kanton Bern hineinreichte.

    Die im Bericht verdienstvoll geschilderte Erhebung zur Stiftskirche durch Papst Julius war wegen Anfechtung u.a. durch Bern und weil Payerne auch entsprechenden Anspruch erhob, sehr umstritten und zog sich noch hin bis März 1515, wonach dann der genannte Schultheiss Peter Falck für Freiburg ein Dank-Wallfahrt nach Jerusalem organisierte. Die endgültige Bestätigung durch Papst Leo X., mit dem Peter Falck eine längere lateinisch gesprochene Verhandlung führte, machte das imponierende Gotteshaus St. Niklaus zu einer der bedeutendsten Stiftskirchen der Schweiz mit gutdotierter Stiftsschule mit hervorragender Kantorei, einer Hochburg der Renaissance-Musik, auch Basis für eine treffliche Schule sowie eine Voraussetzung für die spätere Berufung des Katechismus-Pioniers Petrus Canisius.. Die Erhebung zum Stift bedeutete die Gleichstellung mit dem Vinzenz-Stift Bern, aber auch dem Grossmünsterstift Zürich, dem Stift Luzern, dem Stift Solothurn, dem Stift Beromünster und dem Stift Basel, dessen Mitglieder später nach Freiburg im Breisgau und nach Beromünster verzogen. Die Erhebung der heutigen Kathedrale zur Zeit der Hochblüte ihrer auch baulichen Entwicklung steht im Zusammenhang mit den Kriegszügen zur Rückeroberung Bolognas und Paduas für den Kirchenstaat und Mailand, wofür es für Freiburg ein Juliuspanner mit der heiligen Veronika gab und wie gesagt die lange umstrittene Erhebung zur Stiftskirche mit allem, was dazu gehört, allerdings noch als Teil des damaligen Bistums Lausanne, das seit der Reformationszeit von Freiburg her geleitet wird, freilich wurde 1848 Bischof Marilley für 8 Jahre vertrieben, zu welcher Zeit die heilige Marguerite Bays , auch Fürbitterin zur Gründung der katholischen Kampfzeitung "La liberté", sozusagen der weibliche Lech Walesa der verfolgten Freiburger Kirche war, wenngleich mehr im stillen katechetisch wirkend, auch in Ermunterung zum Beispiel des Klosters Filles-Dieu bei Greyerz. Die heutige Kathedrale feierte im Jahre 1418 den Besuch des in Konstanz gewählten Papstes Martin V., 25 Jahre später denjenigen des von den Eidgenossen meistenteils unterstützten in Basel gewählten Gegenpapstes Felix V., verwitweter Graf von Savoyen, 1984 aber den Besuch von Papst Johannes Paul II. , der jedoch den Schwerpunkt auf die Kirche St. Michel legte in Anerkennung von Petrus Canisius, der an der Universität Köln derselben Burse angehörte wie einige Jahre vor ihm der reformierte Katechismusverfasser Heinrich Bullinger, beide mit sowohl scholastischer als auch humanistischer Ausbildung.