(Bild: Conmongt/Pixabay)

Weltkirche

Weltsynode Oktober 2024: Auftakt missglückt

Der heute, am 2. Oktober 2024 beginnenden zweiten und letzten Versammlung der Weltsynode wurde am Vorabend eine Bussliturgie vorgeschaltet. Die dabei von sieben Kardinälen vorgetragenen, die Gläubigen ungefragt vereinnahmenden Schuldbekenntnisse sind nicht geeignet, einen glaubwürdigen Neuanfang zu setzen.

«Die eigenen Sünden zu bekennen ist die Voraussetzung für einen Neuanfang», heisst es in einem Schreiben von Mitte September 2024. Darin wird auf eine gleichentags durchgeführte Bussliturgie unter Leitung des Papstes verwiesen, um damit «die Arbeit der Synode auf den Beginn einer neuen Art von Kirche auszurichten». Die eigenen Sünden zu bekennen kann gewiss nicht falsch sein – im Gegenteil, wahre Reue ist die unabdingbare Voraussetzung für Vergebung.

Die nachfolgende Lektüre dieses Vatikanschreibens sorgt allerdings alsbald für erhebliche Irritationen. Zwar heisst es zunächst, es sei nicht das Ziel, die Sünden anderer anzuprangern, sondern sich selbst als Teil der Missetäter anzuerkennen. Doch unmittelbar darauf folgt die Pirouette (Wikipedia übersetzt diesen französischen Begriff wie folgt: «schnell seinen Standpunkt ändern»):

«Wer um Vergebung bittet, tut dies im Namen aller Getauften. Insbesondere wird folgendes bekannt:

  • Sünde gegen den Frieden
  • Sünde gegen die Schöpfung, gegen indigene Völker, gegen Migranten
  • Sünde des Missbrauchs
  • Sünde gegen Frauen, Familie, Jugend
  • Die Sünde, die Doktrin als Steine zu verwenden, die man werfen kann
  • Sünde gegen die Armut
  • Sünde gegen die Synodalität / Mangel an Zuhören (gegen) die Communio und Teilnahme aller

Zum Abschluss dieses Sündenbekenntnisses wird der Heilige Vater im Namen aller Gläubigen Gott und die Schwestern und Brüder der gesamten Menschheit um Vergebung bitten.»

Unsereins fragt sich verwundert: Kann man im Namen aller (sic) Getauften um Vergebung bitten, ohne diese überhaupt um ihre Zustimmung für einen solchen Akt der Stellvertretung ersucht zu haben? Aus meiner Sicht ein theologisches No Go, eine Anmassung sondergleichen. All die orthodoxen, protestantischen Christen und Angehörigen von Freikirchen dürften sich gegen diese ungefragte Vereinnahmung dankend verwahren, zumal ihnen passend zu diesem Anlass auch noch ein neu kreierter Sündentatbestand untergeschoben wird: die Sünde wider die Synodalität.

Dazu von «swiss-cath.ch» befragt, nahm der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, kein Blatt vor den Mund: «Zur Eröffnung der Synode soll man um die Vergebung unserer Sünden bitten bei dem, der als das Lamm Gottes die Sünde der Welt hinweg nimmt. Sünde ist Abwendung von Gott und Hinwendung zu den vergänglichen Gütern, die anstelle Gottes oder wie Götzen verehrt werden. Die Kritik an der Umweltagenda ist keine Sünde, sondern eine mögliche wissenschaftliche Option. Die Liste der angeblichen Sünden gegen die Umwelt oder gar den abstrakten und vieldeutigen Begriff der Synodalität zeugt von theologischer Inkompetenz und einer spirituellen Übergriffigkeit sondergleichen. Es soll den Kritikern der augenblicklich herrschenden Ideologie ein schlechtes Gewissen gemacht werden. Besonders absurd ist die angebliche Sünde derer, die die katholische Glaubenslehre, die die Offenbarung Gottes in Jesus Christus den Christen vorlegt, als Steine benutzen würden, um sie Häretikern und Menschen im Zustand der schweren Sünde nachzuwerfen. In Wirklichkeit ist es eine Sünde, wenn Papst, Bischöfe und Priester den Gläubigen die geoffenbarten Wahrheiten des Glaubens und der Gebote Gottes vorenthalten.»

Auch Weihbischof em. Marin Eleganti lehnt gegenüber «swiss-cath.ch» solche Bussrituale ab: «Man kann sich nicht für die Sünden von anderen entschuldigen, höchstens Sühne leisten. Theologisch begründen lassen sich nur Stellvertretung in der Sühne(-leistung).»

Schuldige Altargegenstände
Wie berechtigt die Kritik von Kardinal Müller und Weihbischof Eleganti ist, belegen die von sieben Kardinälen vorgetragenen Schuldbekenntnisse. Man wird den Eindruck nicht los, dass jeder den andern in einer Art «Mea maxima culpa-Euphorie» überbieten wollte. Wobei wiederum besonders stossend war, dass sie sich ungefragt im Namen aller Gläubigen glaubten entschuldigen zu müssen. Den Vogel dieses masochistischen Sünden-Deliriums schoss Kardinal Cristóbal López Romero ab, der allen Ernstes sogar Altargegenstände als schuldig erklärte.

Kardinal Müller wurde von Papst Franziskus ad personam zum Mitglied dieser finalen Synodenversammlung ernannt. Er wird dabei überreichlich Gelegenheit haben, die Irrungen und Verirrungen nicht weniger seiner Mitbrüder wieder ins Lot zu bringen.
 

Schreiben in der Originalsprache Italienisch

Schreiben in einer deutschen Übersetzung durch «kath.net»


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

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    Daniel Ric 04.10.2024 um 08:38
    Ich finde, man muss der Weltsynode eine faire Chance geben und sie später an den Früchten messen, ohne bereits jetzt zu negativen Einschätzungen zu gelangen. Positiv ist sicher, dass Katholiken aus unterschiedlichen Teilen der Welt zusammenkommen und dadurch der enge Blick auf die eigene Ortskirche aufgeweicht werden kann. In vielen Teilen der Welt sind die Frauenordination, die Aufhebung des Zölibats oder die Änderung der katholischen Sexualmoral keine relevanten Themen, was vielleicht unseren Kirchenverantwortlichen die Augen öffnen wird. Was die Bussfeier anbelangt, so finde ich es richtig, dass man die Sünden aller Katholiken anspricht. Als Katholiken sind wir ein Leib, bei dem nicht nur die Kleriker sündigen, sondern alle Glieder. Die Aussage, wonach die kirchliche Doktrin als Stein verwendet wurde, um geworfen zu werden, beinhaltet natürlich die Gefahr, dass die Kirche dadurch mundtot gemacht werden kann und sich nicht mehr zu moralischen Fragen äussert. Auf der anderen Seite ist der Papst die lauteste Stimme, wenn es darum geht, die Abtreibung als Übel zu benennen. Vielleicht müsste man den biblischen Ursprung dieser Aussage beherzigen, um sie zu würdigen. Die Ehebrecherin wurde von Jesus gerettet, da er dem steinewerfenden Mob vorhielt, dass derjenige, der ohne Sünde ist, den ersten Stein werfen solle. Weiter sagte Jesus aber auch der Frau, nachdem alle gegangen waren, sie solle nicht mehr sündigen. Beides stellt also etwas Unchristliches dar - das Werfen der Doktrin sowie das Verschweigen der Moral. Das Christentum verlangt von uns, differenziert zu denken und nicht sofort Schhwarz-Weiss-Positonen einzunehmen, auch wenn dies verlockend erscheint.
    • user
      Martin Meier-Schnüriger 04.10.2024 um 12:30
      Das Problem ist halt, dass man nicht so genau weiss, was mit diesem "doktrinären Steinewerfen" gemeint ist. Wenn ich eine offensichtliche Sünde als solche bezeichne - werfe ich dann einen Stein? Oder tue ich das erst, wenn ich mich über den Sünder erhebe? Da hätte man genauer formulieren müssen.
  • user
    Marquard Imfeld 03.10.2024 um 08:50
    Kardinal Müller: "Besonders absurd ist die angebliche Sünde derer, die die katholische Glaubenslehre, die die Offenbarung Gottes in Jesus Christus den Christen vorlegt, als Steine benutzen würden, um sie Häretikern und Menschen im Zustand der schweren Sünde nachzuwerfen. In Wirklichkeit ist es eine Sünde, wenn Papst, Bischöfe und Priester den Gläubigen die geoffenbarten Wahrheiten des Glaubens und der Gebote Gottes vorenthalten.»

    Die Kardinal Müller bestätigt, dass das Beharren auf der korrekten Verkündigung der gültigen katholischen Glaubenslehre, die man vom Papst, den Bischöfen, und den Priestern fordert, indem man deren Häresien anprangert, NIE eine Sünde sein kann. Wer im Vatikan dies als Sünde definiert, ist m.E. ein Antichrist.

    Hat die Gottesmutter nicht in La Salette prophezeit, dass Rom dem Antichrist verfallen werde?
    • user
      Hansjörg 03.10.2024 um 10:53
      Was oder wer ist mit Antichrist gemeint?
      • user
        Marquard Imfeld 03.10.2024 um 18:07
        Eventuell versuchen Sie selber zu recherchieren und eine Antwort zu finden?
  • user
    Stefan Fleischer 02.10.2024 um 17:32

    In diesem Sündenverzeichnis fehlt m. E. jene, welche m. E. die Ursache aller anderer hier aufgeführten "Sünden" ist, nämlich:


    Die Vernachlässigung des Auftrags unseres Herrn und Erlösers:


    «Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt» (Mt 28,19-20)