«Die eigenen Sünden zu bekennen ist die Voraussetzung für einen Neuanfang», heisst es in einem Schreiben von Mitte September 2024. Darin wird auf eine gleichentags durchgeführte Bussliturgie unter Leitung des Papstes verwiesen, um damit «die Arbeit der Synode auf den Beginn einer neuen Art von Kirche auszurichten». Die eigenen Sünden zu bekennen kann gewiss nicht falsch sein – im Gegenteil, wahre Reue ist die unabdingbare Voraussetzung für Vergebung.
Die nachfolgende Lektüre dieses Vatikanschreibens sorgt allerdings alsbald für erhebliche Irritationen. Zwar heisst es zunächst, es sei nicht das Ziel, die Sünden anderer anzuprangern, sondern sich selbst als Teil der Missetäter anzuerkennen. Doch unmittelbar darauf folgt die Pirouette (Wikipedia übersetzt diesen französischen Begriff wie folgt: «schnell seinen Standpunkt ändern»):
«Wer um Vergebung bittet, tut dies im Namen aller Getauften. Insbesondere wird folgendes bekannt:
- Sünde gegen den Frieden
- Sünde gegen die Schöpfung, gegen indigene Völker, gegen Migranten
- Sünde des Missbrauchs
- Sünde gegen Frauen, Familie, Jugend
- Die Sünde, die Doktrin als Steine zu verwenden, die man werfen kann
- Sünde gegen die Armut
- Sünde gegen die Synodalität / Mangel an Zuhören (gegen) die Communio und Teilnahme aller
Zum Abschluss dieses Sündenbekenntnisses wird der Heilige Vater im Namen aller Gläubigen Gott und die Schwestern und Brüder der gesamten Menschheit um Vergebung bitten.»
Unsereins fragt sich verwundert: Kann man im Namen aller (sic) Getauften um Vergebung bitten, ohne diese überhaupt um ihre Zustimmung für einen solchen Akt der Stellvertretung ersucht zu haben? Aus meiner Sicht ein theologisches No Go, eine Anmassung sondergleichen. All die orthodoxen, protestantischen Christen und Angehörigen von Freikirchen dürften sich gegen diese ungefragte Vereinnahmung dankend verwahren, zumal ihnen passend zu diesem Anlass auch noch ein neu kreierter Sündentatbestand untergeschoben wird: die Sünde wider die Synodalität.
Dazu von «swiss-cath.ch» befragt, nahm der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, kein Blatt vor den Mund: «Zur Eröffnung der Synode soll man um die Vergebung unserer Sünden bitten bei dem, der als das Lamm Gottes die Sünde der Welt hinweg nimmt. Sünde ist Abwendung von Gott und Hinwendung zu den vergänglichen Gütern, die anstelle Gottes oder wie Götzen verehrt werden. Die Kritik an der Umweltagenda ist keine Sünde, sondern eine mögliche wissenschaftliche Option. Die Liste der angeblichen Sünden gegen die Umwelt oder gar den abstrakten und vieldeutigen Begriff der Synodalität zeugt von theologischer Inkompetenz und einer spirituellen Übergriffigkeit sondergleichen. Es soll den Kritikern der augenblicklich herrschenden Ideologie ein schlechtes Gewissen gemacht werden. Besonders absurd ist die angebliche Sünde derer, die die katholische Glaubenslehre, die die Offenbarung Gottes in Jesus Christus den Christen vorlegt, als Steine benutzen würden, um sie Häretikern und Menschen im Zustand der schweren Sünde nachzuwerfen. In Wirklichkeit ist es eine Sünde, wenn Papst, Bischöfe und Priester den Gläubigen die geoffenbarten Wahrheiten des Glaubens und der Gebote Gottes vorenthalten.»
Auch Weihbischof em. Marin Eleganti lehnt gegenüber «swiss-cath.ch» solche Bussrituale ab: «Man kann sich nicht für die Sünden von anderen entschuldigen, höchstens Sühne leisten. Theologisch begründen lassen sich nur Stellvertretung in der Sühne(-leistung).»
Schuldige Altargegenstände
Wie berechtigt die Kritik von Kardinal Müller und Weihbischof Eleganti ist, belegen die von sieben Kardinälen vorgetragenen Schuldbekenntnisse. Man wird den Eindruck nicht los, dass jeder den andern in einer Art «Mea maxima culpa-Euphorie» überbieten wollte. Wobei wiederum besonders stossend war, dass sie sich ungefragt im Namen aller Gläubigen glaubten entschuldigen zu müssen. Den Vogel dieses masochistischen Sünden-Deliriums schoss Kardinal Cristóbal López Romero ab, der allen Ernstes sogar Altargegenstände als schuldig erklärte.
Kardinal Müller wurde von Papst Franziskus ad personam zum Mitglied dieser finalen Synodenversammlung ernannt. Er wird dabei überreichlich Gelegenheit haben, die Irrungen und Verirrungen nicht weniger seiner Mitbrüder wieder ins Lot zu bringen.
Schreiben in der Originalsprache Italienisch
Schreiben in einer deutschen Übersetzung durch «kath.net»
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Die Kardinal Müller bestätigt, dass das Beharren auf der korrekten Verkündigung der gültigen katholischen Glaubenslehre, die man vom Papst, den Bischöfen, und den Priestern fordert, indem man deren Häresien anprangert, NIE eine Sünde sein kann. Wer im Vatikan dies als Sünde definiert, ist m.E. ein Antichrist.
Hat die Gottesmutter nicht in La Salette prophezeit, dass Rom dem Antichrist verfallen werde?
In diesem Sündenverzeichnis fehlt m. E. jene, welche m. E. die Ursache aller anderer hier aufgeführten "Sünden" ist, nämlich:
Die Vernachlässigung des Auftrags unseres Herrn und Erlösers:
«Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt» (Mt 28,19-20)