Symbolbild. (Bild: Pete Alexopoulos/Unsplash)

Kirche Schweiz

Will­kom­men im syn­oda­len Dschungelcamp

In einer gemein­sa­men Medi­en­mit­tei­lung gaben die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz (SBK) und die Römisch-​Katholische Zen­tral­kon­fe­renz (RKZ) am 10. April 2024 die Grün­dung einer «Syn­oda­li­täts­kom­mis­sion» bekannt. Diese Kom­mis­sion ent­springe dem Wunsch der Katho­li­schen Kir­che in der Schweiz «nach mehr Par­ti­zi­pa­tion und Gemein­schaft bei der Erfül­lung ihres Auf­trags». Jetzt wurde der Name ihres Exe­ku­tiv­se­kre­tärs bekanntgegeben.

Die Synodalitätskommission» soll die strategische Verantwortung für die Umsetzung einer synodalen Erprobungsphase übernehmen.
Die Pressemitteilung schmückte sich mit den üblichen Wortgirlanden: Die Katholische Kirche in der Schweiz wolle «die Synodalität als kirchlichen Stil für Entscheidungsprozesse fördern. Der spirituelle Ansatz besteht darin, das Hören auf den Heiligen Geist zu verbinden mit dem Hören auf die Stimme der Menschen; kirchliche Amtsträger und Gläubige versuchen in einem gemeinsamen Prozess, die Bedeutung des Evangeliums Christi neu zu entdecken und für den Auftrag der Kirche fruchtbar zu machen.»
Wenn von «kirchlichen Amtsträger und Gläubigen» die Rede ist, wird bewusst verschwiegen, dass auch die RKZ als Hauptfinanzierungsquelle und damit Taktgeber massgeblich an der Gründung und Stossrichtung dieser «Synodalitätskommission» beteiligt ist.

Hauptsache Gremien und Sitzungen
Was hier mit der üblichen Nomenklatur beschrieben wird, ist in den von der SBK und RKZ beschlossenen Statuten klarer formuliert: «In einer Zeit grosser Umbrüche kann sie [katholische Kirche] die Bedeutung des Evangeliums für ihre Sendung nur auf synodale Art und Weise erkennen und davon Zeugnis geben» (Präambel). Und unter Art. 2 Aufgaben:

d) Entwicklung und Erprobung geeigneter Formate und Wege synodaler Beratung und Entscheidungsfindung zu drängenden Fragen der Evangelisierung und der Evangelisierung der katholischen Kirche nach innen;
e) Förderung des synodalen Wachsens bei der Erneuerung der Kirche und ihrer Strukturen;
f) Erarbeitung von Prioritäten für die Erneuerung der katholischen Kirche in der Schweiz mit Empfehlungen zu möglichen Vorgehensweisen zuhanden der SBK und/oder RKZ oder an deren zuständigen Instanzen».

Wenn auch im ersten Punkt von der von Papst Franziskus geforderten (Neu-)Evangelisierung die Rede ist, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es schlussendlich um Strukturveränderungen geht.

Die «Synodalitätskommission» ist gemäss den Statuten «ein Organ der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) für eine zeitlich auf maximal fünf Jahre begrenzte Synodale Erprobungsphase». Obwohl von SBK beauftragt, hat nicht nur die SBK, sondern auch und vor allem die RKZ das Sagen – getreu dem Motto «Wer bezahlt, befiehlt». «Die gemeinsame Verantwortung wird durch den Kooperationsrat SBK|RKZ wahrgenommen.» Ihren Auftrag erfüllt die «Synodalitätskommission» jedoch selbstständig.

Undurchsichtige Zusammensetzung
Selbstverständlich muss die Kommission die Vielfalt widerspiegeln und wird nach folgenden Kriterien zusammengesetzt: «a) Alter (mit Berücksichtigung der jungen Generation); b) Geschlecht: Männer und Frauen sind mit einem Anteil von je mindestens 40 % vertreten; c) Sprachregionen und anderssprachige Pastoral; d) verschiedene Seelsorgebereiche, Ämter und Dienste».

Bei der konkreten Zusammensetzung der «Synodalitätskommission» mit den vorgesehenen 30 Mitgliedern wird es etwas verwirrend. Gemäss Statuten setzt sie sich «aus dem Mitgliedsstamm der Pastoralkommission der SBK[1] (a bis f) sowie aus weiteren Personen zusammen. Nur war genau diese Pastoralkommission der SBK anlässlich der 342. Ordentlichen Vollversammlung vom 27. bis 29. November 2023 sistiert und in die «Synodalitätskommission» umgewandelt worden.

Zu dieser «Synodalitätskommission» innerhalb der «Synodalitätskommission» kommen nun noch «h) Vertretungen von Jugend- und Erwachsenenorganisationen, Orden, wissenschaftlicher Theologie und Liturgie; i) weitere Mitglieder aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus mit breitem Spektrum an Fähigkeiten, Perspektiven und Netzwerken, die für die Durchführung der synodalen Erprobungsphase hilfreich sein können».

Die Personen werden durch die zuständigen Gremien bzw. durch die AG Synodalität[2] der Pastoralkommission der SBK benannt. Nun muss man wissen, dass die AG Synodalität im April 2023 von der SBK gegründet wurde, um eben diese synodale Erprobungsphase vorzubereiten. Wie bei der Pastoralkommission waren auch bei der AG Synodalität der im Hintergrund die Fäden ziehende Arnd Bünker und Oliver Wäckerlig vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut (SPI) dabei. Und die Geschäftsführung der «Synodalitätskommission» ist selbstverständlich auch im SPI angesiedelt.

Die «Synodalitätskommission» wählt ein Präsidium mit fünf Mitgliedern. Dies kann aber erst geschehen, wenn die Mitglieder der Kommission feststehen, was im Laufe dieses Jahres geschehen soll.

Gemäss Statuten versammelt sich die «Synodalitätskommission» mindestens viermal pro Jahr. «Neben ihren Sitzungen arbeitet sie mit den Instrumenten Synodalitätstage und Synodalitätsversammlungen.» Sie hat das Recht, zu «unterscheiden, welche Ergebnisse weiter synodal beraten werden müssen, wo es weiterer Rückmeldungen bedarf und welche Ergebnisse als Ausdruck einer synodalen Richtungsorientierung oder einer konkreten Entscheidungsfindung gesehen werden können». Mit anderen Worten: Die Kommission bestimmt, worüber geredet werden darf. Glücklich, wer in diesem Gremien-Dschungel noch die Übersicht behält.

Fredy Bihler wird Exekutivsekretär
Die Stelle des Geschäftsführers (60 %) – respektive gendergerecht «Geschäftsführer:in» –wurde bereits ausgeschrieben. Vorausgesetzt wurden «theologische Kompetenz mit hoher Sensibilität für das Verständnis von Synodalität», «Kreativität und diplomatisches Geschick», «strategische Kompetenz» und «kommunikatives Geschick». Er oder sie soll «römisch-katholisch sein» «die kirchliche Situation in der Schweiz mit ihrer Vielfalt und Komplexität» kennen.».

Am 30. August gab die SBK bekannt, dass Fredy Bihler ab November als Exekutivsekretär tätig sein wird. Vermutlich ist damit die ausgeschriebene Stelle als Geschäftsführer gemeint – zumindest ist in den Statuten kein Exekutivsekretär vorgesehen.

Der St. Galler Theologe studierte in Fribourg, Canterbury (GB) und Innsbruck und erwarb zusätzlich einen Master in Organisationsentwicklung und Organisationsberatung.
Er hat 2023 am ersten «Welttreffen professioneller Laienmitarbeiterinnen und -mitarbeiter» teilgenommen. Der dabei diskutierte, stets gleich uniforme Themenmix ist unschwer zu erraten: Beteiligung, Mitverantwortung und Mitsprache, Frauenfragen, Missbrauch und Klerikalismus. Sein Statement auf der Webseite des SPI: «Besonders fasziniert mich der Ansatz, ein neues Hören und Verstehen über die Sprach- und Kulturgrenzen hinweg zu fördern. Diese Basis erlaubt es uns, die Vielfalt und Diversität der Menschen in der Schweiz nicht nur anzuerkennen, sondern nach Wegen zu suchen, dies aktiv in die kirchlichen Abläufe einzubinden.» Es überrascht nicht, dass er Unterstützer von «Reformen jetzt» ist. Damit passt er fugenlos in die «Synodalitätskommission».

Finanziert wird diese «synodale Erprobungsphase» gemeinsam von SBK und RKZ, d. h. mit den Kirchensteuern. Das ist auch der einzige Ort, an dem die Gläubigen einbezogen werden, denn irgendeine konkrete Beteilung der Kirchenbasis ist nicht vorgesehen. Die Zusammensetzung dieser Gremien erfolgt viel mehr durch die sogenannte Ko-Optation, das heisst, durch Zuwahl. Dabei wird peinlichst genau darauf geachtet, dass nur «linientreue», sprich mit der Synodenagenda kompatible Personen in die Kränze kommen. Wenn dabei etwas missachtet wird, dann sind es just die von (Staats-)Kirchenfunktionären stets reflexartig beschworene Vielfalt und Diversität.

 

Quellen
https://pk.spi-sg.ch/pionierin-fuer-synodalitaet-gesucht-stellenausschreibung/

https://www.bischoefe.ch/gruendung-der-arbeitsgruppe-synodalitaetin/

https://spi-sg.ch/wp-content/uploads/2023/02/ab_js-2022-Jahresberichte_spi-pk-br_d-f.pdf

https://pk.spi-sg.ch/statut-der-synodalitaetskommission/

 


[1] Mitglieder der Pastoralkommission sind gemäss Jahresbericht 2022 des SPI: Mgr. Markus Büchel, Barbara Kückelmann, Prof. Dr. Dr. François-Xavier Amherdt, Philippe Becquart, Generalvikar Peter Camenzind, Don Massimo Gaia, Dr. Daniel Kosch, Franz Kreissl, Dr. Toni Kurmann, Generalvikar Richard Lehner, Davide Pesenti, Dr. Rudolf Vögele, Isabel Vasquez sowie Dr. Arnd Bünker als geschäftsführender Sekretär und Dr. Oliver Wäckerlig als Assistenz)

[2] Moritz Bauer, Jubla und Allianz Gleichwürdig Katholisch, Marie-Andrée Beuret, Conférence des ordinaires de Suisse romande, Urs Brosi, Generalsekretär RKZ, Don Sergio Carretoni, Bistum Lugano, Tatjana Disteli, Katholische Kirche im Kanton Aargau, Franziska Driessen-Reding, RKZ, Davide Pesenti, Generalsekretär, SBK; Isabel Vasquez, Direktorin migratio, Geschäftsführung Arnd Bünker, Sekretariat Oliver Wäckerlig.

 


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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    Max Imfeld 06.09.2024 um 14:04
    Wie war das mit dem "Marsch durch die Institutionen"? Hier werden, weil das im Rahmen der Strukturen der Weltkirche nicht einfach so geht, schlicht neue "Institutionen" geschafften, unter dem Anspruch des Einbezugs, des Dialogs, der Mitsprache, worauf dann aber dann nur einbezogen und zum mitsprechenden Monolog eingeladen wird, wer via Kooption schon dazu passt, denn Widerspruch ist nicht erwünscht. Die SBK aber entmachtet sich so in kleinen Schrittchen gleich selbst, Schritt um Schritt. Das ist nur noch Realsatire.
  • user
    Marquard Imfeld 03.09.2024 um 10:49
    Damit wird bestätigt, was sich in der Schweiz seit Jahren unter Anregung der Bischöfe Büchel und Gmür, und unter Druck von häretischen Landeskirchen, abgezeichnet hat: es wird eine offizielle Struktur einer neuen christlichen Sekte geschaffen, welche nicht mehr katholisch ist.
  • user
    Stefan Fleischer 02.09.2024 um 20:36
    Unsere Kirche dialogisiert sich zu Tode. Wer soll heute noch einer Kirche Vertrauen schenken, welche selbst nicht mehr zu wissen scheint was sie noch verkünden will und was nicht mehr, was von der Lehre von gestern heute noch wahr ist und was falsch oder zumindest relativ, und wohin die Reise gehen soll. Ein alter Spötter beschrieb die aktuelle Situation so: "Wo die Frauen die Herren spielen, und die Herren ihren Mann nicht mehr stehen, wird es brandgefährlich."
    Doch unser Vertrauen in Gott, den Vater, den Allmächtigen geben wir nicht auf. Oder um ein Schriftwort zu gebrauchen: "Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen!" (Jos 24,15)