Symbolbild. (Bild: Josue Michel/Unsplash)

Hintergrundbericht

«Wir sind reich – kinderreich»

Familien mit mehr als zwei Kindern sieht man nicht allzu oft, doch es gibt sie. Da es kinderreiche Familien in der Schweiz nicht immer einfach haben, haben sich einige von ihnen zur «IGFamilie 3plus» zusammengeschlossen. Käthi Kaufmann-Eggler, Präsidentin des Vereins «Arbeitsgruppe Jugend & Familie»/IGFamilie 3plus, spricht im Interview mit «swiss-cath.ch» über die Situation kinderreicher Familien, eine parlamentarische Initiative und die Schönheit der Familie.

Die «IG Familie 3plus» ist ein Zweig des Vereins «Arbeitsgruppe Jugend & Familie». Wie kam es zur Gründung dieser IG?
Familien mit Kindern sind in unserer, auf kurzfristigen Konsum orientierten Gesellschaft ein wichtiges Signal, dass es um längerfristige Werte geht. Sie sind ein entscheidendes Zeichen des Vertrauens und der Hoffnung für unser Land. Im monatlichen Rundbrief von «Jugend und Familie» schreiben wir darüber. Wir wollten jedoch mehr tun, als nur schreiben. Darum gründeten einige engagierte Mütter und Väter von drei und mehr Kindern am 31. Dezember 1996 in Zürich die Interessengemeinschaft Familie 3plus. Als Ermutigung für alle Familien mit drei und mehr Kindern: Wir setzen ein Zeichen in der Öffentlichkeit. Wir sind reich – kinderreich.

Kinderreiche Familien sind selten geworden. Kennen Sie Gründe dafür?
So selten sind Familien mit mindestens drei Kindern nicht: Allein zu unserer Interessengemeinschaft gehören über 4000 Familien mit drei und mehr Kindern. In der ganzen Schweiz lebt immerhin rund die Hälfte der Bevölkerung in Familienhaushalten. Gemäss dem «Bundesamt für Statistik» (Familienbericht 2021 und Strukturerhebung) lebt ca. die Hälfte der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung in rund 1,6 Millionen Familienhaushalten. Bei der grossen Mehrheit (74 %) dieser Familienhaushalte mit Kindern bis 25 Jahre sind die Eltern verheiratete Ehepaare. Sie alle brauchen Gottvertrauen, Mut, und Geld für das überzeugte Ja zum Kind. Die Selbstverwirklichung der Frau als Mutter ist anstrengend und nicht im Trend.

Was konkret bietet die «IG Familie 3plus» an?
Vernetzung mit anderen Familien, Kleiderpakete aus unserem gut bestückten Kleiderlager, Lebensmittelgutscheine, Vermittlung von Ferien für Grossfamilien, Vermittlung und Finanzierung von Haushalthilfen, Verschnaufpausen und geschenkte Ferien für «ausgebrannte Mütter», Beitrag an den Besuch einer christlichen Schule, Markplatz auf Facebook und per Rundmail (zu verkaufen, zu verschenken, gesucht) oder auch finanzielle Unterstützung dank den christlichen Gönnern des Vereins «Arbeitsgruppe Jugend und Familie». Weiter ein Festessen im Bundeshaus für Mütter und Väter im Winter und einen Familientag für die ganze Familie im Spätsommer. Aber auch die Vernetzung mit anderen europäischen Organisationen, denen kinderreiche Familien wichtig sind, und ein offenes Ohr für jede Lebenslage per Mail oder Messenger und am Telefon.

Vor wenigen Tagen hat die «IG Familie 3plus» eine Vernehmlassung zur parlamentarischen Initiative der «Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur» veröffentlicht. Diese möchte eine Überführung der Anstossfinanzierung (Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung) in eine zeitgemässe Lösung. Um was geht es kurz gesagt?
Der Staat will familienergänzende Kinderbetreuung dauerhaft unterstützen, nicht aber Familien, die ihre Kinder selbst betreuen. Nein, im Gegenteil, diese helfen mit ihren Steuern, die externe Betreuung der Kinder berufstätiger Mütter mitzufinanzieren.
Die Fremdbetreuung kann schon jetzt bei den Steuern grosszügig abgezogen werden, während Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen oder privat betreuen lassen, krass diskriminiert sind: Selbst die Anstellung einer Haushalthilfe ist bei den Steuern nicht abzugsfähig.

Wo sieht die «IG Familie 3plus» das Hauptproblem dieser parlamentarischen Initiative?
Diese Initiative hat die erwerbstätigen Mütter im Fokus, Familien, die in Städten und Agglomerationen leben. Sie sollen produktiv werden und sich volkswirtschaftlich nützlich machen ... Wer drei und mehr Kinder hat, hat selten geplant, vollumfänglich berufstätig zu bleiben. Kinderreiche Familien wohnen zudem oft auf dem Land. Dort hat es mehr Platz, die Wohnungen sind günstiger und die Kinder werden – wenn überhaupt «fremd» betreut – dann nicht von einer öffentlichen Einrichtung, sondern oft von den Grosseltern oder Bekannten.

Im Initiativtext heisst es, die neue Regelung «trägt den individuellen Familienmodellen weiterhin Rechnung».
Im aktuellen Initiativtext ist vorgesehen, dass Familienzulagen einfach jeder oder jede Erwerbstätige bekommen soll, nach Anzahl der fremd betreuten Kinder. Das ist ungerecht. Wenn die Kinder von den Grosseltern betreut werden, gibt es kein Geld vom Bund. Diese private Betreuung kann auch nicht von den Steuern abgezogen werden, die Kosten für die Kita jedoch schon.

In Ihrer Vernehmlassung weisen Sie auf verschiedene Diskriminierungen hin, von denen kinderreiche Familien betroffen sind.
Gegenwärtig werden kinderreiche Familien vom Staat diskriminiert durch die Heiratsstrafe, durch fehlende Fremdbetreuungsabzüge bei den direkten Bundessteuern und grossenteils bei den kantonalen Steuern, durch Mehrwertsteuererhöhungen, welche Familien mit Niedrigeinkommen überproportional belasten und durch die ständigen Erhöhungen der Sozialabzüge beim Lohn. Dazu kommt, dass es keine freie Schulwahl und kein Entgelt für Homeschooling gibt.

Wir haben jetzt viel über Negatives gesprochen. Gibt es auch positive Nachrichten?
Die Familie ist trotz allen Anfeindungen ein Ort der Geborgenheit und der Lebensfreude, ein Gott gewolltes Versprechen für die Zukunft. Die Familie ist für die Kinder eine entscheidende Vorbereitung auf die Herausforderungen des Lebens und für die Eltern ein tragender Grundstein des Lebens. Familie weist weit über die Gegenwart hinaus.
 

Käthi Kaufmann-Eggler ist Präsidentin des Vereins «Arbeitsgruppe Jugend & Familie»/IGFamilie 3plus und freut sich über jede neue kinderreiche Familie in der «IGFamilie 3plus» und über jede neue Leserin, neuen Leser des Rundbriefes von «Jugend und Familie».

Link zur «IGFamilie 3plus»
Link zur «Arbeitsgruppe Jugend & Familie»


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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Bemerkungen :

  • user
    Hansjörg 31.05.2024 um 11:24
    Wie kann man von Familienhaushalten mit Kindern bis 25 Jahren sprechen? Ich denke in der Schweiz sind die jungen Menschen mit 18 volljährig, können selbst entscheiden, selbst wählen und sich wählen lassen, selbständig einen Vertrag unterzeichnen, eine eigene Steuererklärung ausfüllen, usw.
    Was bleibt ist die Pflicht, dass die Eltern den ersten Ausbildungsweg, bis 25 finanzieren.
    • user
      Meier Pirmin 02.06.2024 um 11:12
      Kann Sie mit dieser Bemerkung nur unterstützen. Am weitesten gediehen scheint das Hotel Mama unterdessen in Italien zu sein, zumindest bei der männlichen Nachkommenschaft. Die Frauen der nächsten Generationen werden dies aus begreiflichen Gründen aber nicht mehr mitmachen.